II. Die Schule
Ums Jahr 1858 war die im Jahre 1704 in Wichte gebaute Schule wohl baufällig und für die Schülerzahl zu klein geworden, überhaupt den derzeitigen Verhältnissen nicht mehr entsprechend, so daß ein Neubau erforderlich wurde. Nach mehreren Verhandlungen, bei welchen Wichte - Blandorf den alten Platz zur Errichtung des Neubaus festzuhalten suchte, wurde Kleinheide als Schulort bestimmt. Als Schulstätte wurde so ziemlich der Mittelpunkt der Schulgemeinde - vorn in Kleinheide - ausersehen. Die alte Schule wurde verkauft und abgebrochen, ebenfalls verk. der frühere Schulgarten in Wichte, und der Erlös zum Teil zum Ankauf der jetzigen Schulstätte samt Schulgarten verwendet.
Leider wurde das hinter diesem liegende Grundstück, bis dahin mit dem zum Schulgarten bestimmten verbunden, nicht mit erworben, was damals für ein geringes hätte geschehen können. Die neue, jetzige Schule in Verbindung mit der Lehrerwohnung wurde im Herbste des Jahres 1858 errichtet. Nach Angabe des Inventars beträgt die Länge der Schule 42 Fuß = 12,27 m, die Breite derselben 33 Fuß = 9,64 m. Die Schule, welche anfangs ein Local enthielt, wurde hiernach eine zweiklassige und für die II. Klasse Michaelis 1866 eine Gehülfenstelle errichtet.
Der Fußboden der Schule war bis zum Jahre 1885 mit Steinen gepflastert. Da bis zu diesem Jahre die Steine völlig abgenutzt und größtenteils in Staub aufgegangen waren, so beschloß der Schulvorstand auf Ersuchen des Lehrers einen hölzernen Fußboden zu legen. Um dadurch keine Erhöhung der Schulbeiträge zu veranlassen, wurden die Mittel zur Deckung der Kosten bis auf ein geringes dadurch gewonnen, daß die Schuldentilgung der Schulgemeinde alljährlich 150 M mit Genehmigung königlicher Kirchenkommission pro1885 und 1886 unterblieb.
Auf Anordnung königlicher Regierung zu Aurich erfolgte im Herbste 1890 eine Umwandlung der Schullokal. Bis dahin stand die Scheidewand zwischen den größeren I.Klasse und der kleineren II. Klasse in der Richtung von Norden nach Süden. Dadurch war die Schule schlecht eingerichtet. Besonders in der II. Klasse war selbst im Sommer Lichtmangel, auch fiel das Licht sehr ungünstig ein. Um diese Übelstaende zu beseitigen, wurde nun die Scheidewand in der Richtung von Osten nach Westen ausgeführt. Damit nicht ein Klasse zu schmal wurde, erhielten beide Klassen gleiche Größe. Bei Aufnahme der erst 1885 gelegten hölzernen Fußböden zeigte sich, daß das Holz so durch Schwamm zerstört war, daß nur ein geringer Teil desselben wieder Verwendung finden konnte. Zur Verhütung der Schwammbildung in den Fußböden wurde das Holz mit Carbolineum bestrichen, auch die Fußböden mit Sand unterstopft, beides war vorher nicht geschehen.
Die langen Schultische, welche bis mit Ausnahme zweier neuer gleiche Höhe hatten, auch Rücklehne waren, wurde neu eingerichteten Klassen angepaßt, überhaupt wurde bei Einrichtung derselben den zeitigen Anforderungen möglichst genügt. Der Ausfall an Sitzplätzen durch Abänderung der alten _________ wurde durch Beschaffung acht völlig neuer Schultische ersetzt.
In jeder Klasse wurde ein neuer Mantelofen mit Rippenrohreinsatz aufgestellt. Die Öfen wurden in der Eisenhütte zu Norden hergestellt. Das Stück kostete 85 Mark. In der Verlängerung des Eingangs zur Schule wurde ein Schlafstübchen angebracht, welches der Lehrerwohnung angehängt wurde.
Zur Beseitigung der Wohnungsnot bezüglich des 2. Lehrers ist am 27.August 1906 vom Schulvorstande beschlossen worden, nachdem der 1. Lehrer Herr Kreinsen seine Genehmigung dazu erteilt hat, auf dem Schulboden eine Wohnung fuer den 2. Lehrer freizustellen. Nachdem der Bau der Wohnung genehmigt wurde und die königliche Regierung ihm Beihilfen zugesichert hatte, wurde am 04.März1907 mir dem Bauen der Dienstwohnung begonnen. Letztere wurde vollständig ausmöbeliert. Am 23.April 1907 konnte die neue Wohnung bezogen werden. Letztere bestehend aus zwei Zimmern, Stube und Kammer befindet sich über dem Wohn.- und Schlafzimmer der 1.Lehrerwohnung an der Südseite.
In der Zeit von Weihnachten bis Ostern 1909 bekamen die Klassen der Schule neue Fenster. In der ersten Klasse wurden sämtliche erneuert, dagegen in der zweiten Klasse ein Fenster. Jede Klasse hat ein vorzügliches Fenster an der Westseite erhalten. Diese Neugestaltung ermöglicht eine schnelle und gründliche Reinigung der Luft, da beide Fenster vollständig zu öffnen sind und somit ein Luftzug entsteht, wenn die Tür geöffnet ist. Beide Klassenräume erfreuen sich seitdem ausreichender Lüftung, was vordem nicht der Fall sein konnte. Eine neue Zusatz erhielt die Kleinheide Schule dadurch, daß ein eiserner Abkratzer vor die Schultür gelegt wurde. Es war diese Einrichtung eine so hochnotwendige, da die Kinder anderenfalls bei Regenwetter zuviel Schmutz in die Klassen beförderten und durch den aufwirbelnden Staub sich sehr leicht hätten gefährliche Halskrankheiten entwickeln können. Diese Gefahr ist durch genannte Einrichtung vorgebeugt worden.
Bald darauf sind auch die übrigen vier Fenster der 2. Klasse durch neue ersetzt worden, bei welchen das Oberlicht geöffnet werden kann. Auch die Schulter ist erneuert, sie schlägt nun nach aussen. Da die Pumpe auf dem Spielplatze schlechter Trinkwasser liefert, wurde im Frühjahre 1921 neben dem Brunnenhause sudelst der Schule eine neue Pumpe, die helles Trinkwasser liefert, errichtet.
Im Juni 1931 wurde ein Schulchronik beschafft, der in der 2. Klasse stehen soll. Der Schulplatz selbst ist seit 1926 durch einen Drahtzaun von der Straße abgetrennt, da wegen des ständig zunehmenden Kraftwagen.- und Krafträderverkehr Unfällen vorgebeugt werden sollte. Im Juni 1931 wurde die Schule auch an das elektrische Lichtnetz angeschlossen. Die Wohnungen und beide Klassen können nun erleuchtet werden. Zur Anlage der Leitung hat die Regierung einen namhaften Zuschuss in Aussicht gestellt.
1931
Viel Reparaturen sind an dem Schulgebäude wohl nie vorgenommen worden, vielleicht, weil man die Notwendigkeit nicht einsah oder aus falscher Sparsamkeit, zu den unser Schulvorstand auch heute noch neigt. Dadurch ist das Gebäude in starken Verfall gekommen, so daß im Jahre 1929 und 1930 verschiedentlich Sitzungen mit Vertretern der Regierung und des Kreises stattfanden, um über einen Neubau zu verhandeln. Das projektierte Schulgebäude sah ursprünglich 3 Klassenräume und zwei Wohnungen fuer verheiratete Lehrer vor. Der Kostenanschlag dafür belief sich auf ca. 6500 RM. Das war trotz der Zuschüsse für die Gemeinde nach Ansicht unserer Schulväter nicht tragbar. Selbst ein kleiner Bau (2 Klassen und 2 Wohnungen) fuer 45000 RM wurde als nicht tragbar abgelehnt. Man kann wohl behaupten, daß es weniger an der vorhandenen Wirtschaftslage als am guten Willen unseres Schulvorstandes lag, denn nach sorgfältigster Berechnung haetten die jaehrlichen Unkosten an Verzinsung und Amortisation des anzuleihenden Kapitals nur 800 - 1000 RM betragen, wozu auch noch, ein Zinsverbilligungszuschuß regierungsseitig in Aussicht gestellt war!
Die jetzigen laufenden Reparaturkosten des Schulgebäudes belaufen sich auf 500 RM - 1000 RM jährlich! Der Zuschuß zur Lichtanlage von der Regierung beträgt 200 RM und bleibt damit hinter den Erwartungen des Schulvorstandes zurück.
Im Jahre 1937/38 ist der Neubau ausgeführt worden Leider liegt keine Niederschrift über die Verhandlungen und die Ausführung des Baues vor. Es ist nicht das erste Projekt drei Klassen und zwei Wohnungen für 65000 RM auch nicht das Zweite - zwei Klassen und zwei Wohnungen für 45000 RM ausgeführt sondern ein drittes: zwei Klassen und eine Wohnung.
Die Folge ist gekürzter Unterricht um die z.Z. vorhandenen 231 Kindern , aufgeteilt in vier Klassen in zwei Räumen unterzubringen und Schwierigkeiten in der Unterbringung des zweiten und dritten Lehrers.
Im übrigen ist der Neubau sehr schön und gut angelegt und ausgeführt.
Ich persönlich bedauere, daß keine durchgehende Verbindung zwischen Wohnung und Schule besteht. Wohl aus gesundheitlichen Gründen nicht gemacht. Zwischen Schule und Wohnung liegt der Werkraum. Weil er als solcher nicht mehr benutzt wird, gebrauch ich ihn als Sitzungszimmer des Schulvorstandes und als Raum für die im April/Mai 1946 stattfindende Schutzimpfung der Bevölkerung gegen Typhus. Die Impfung wurde dreimal durchgeführt und wurde auf den Lebensmittelkarten bescheinigt. Nur gegen Vorlegung der bescheinigten Karten, wurden neue Lebensmittelkarten ausgehändigt. Nicht wenige verstanden es, sich die Bescheinigungen zu verschaffen, ohne sich impfen zu lassen. Nach der ersten Impfung stellten sich bei mehreren derartigen Beschwerden ein, daß sie sich von der zweiten und dritten drückten.
Anfang Juni wurde der Werkraum vom Bürgermeister beschlagnahmt zur Lagerung von Zement, der zum Barackenbau fuer Flüchtlinge dienen sollte. Am 04.Juli wurde vom Bürgermeister eine Klasse beschlagnahmt für obdachlose Flüchtlinge.
Die Gemeinde Berumbur ist mit Flüchtlingen überaus reichlich bedacht. Unter 196 Schulkindern in Kleinheide sind 28 Flüchtlinge also rd. 15 %. Ich selbst habe in meinen Hause zwei Flüchtlingsfamilien, einmal die Familie Zahn, die Eltern meines Vorgängers. Ich verstehe nicht, wie der Mann seine eigenen Eltern hier zurücklassen konnte. Die Wohnung in Loquard hat vier große Zimmer, eine sehr große, geräumige Küche, dazu noch Nebenräume. Bad - Scheune und einen sehr großen doppelten Bodenraum, sodaß für seinen Haushalt mit drei Kindern wohl Platz für seine Eltern sich hätte finden können. Ich konnte wenigstens eine Flüchtlingsfrau mit zwei Kindern und später einen Österreicher aufnehmen.
Jetzt sitzen sie hier und sind 70 und 80 Jahre alt..... Außer diese habe ich noch eine Flüchtlingsfamilie, Mann, Frau und drei Kinder untergebracht. Davon das eine Kind tuberkulose das andere mit Krätze behaftet.
Einspruch gegen die Zwangsbelegung nutzt nichts, da eben Nazizeit ist und die Leute untergebracht werden müssen.
Die letzten Zuzüge kommen aus Schlesien, Kreis Glatz hauptsächlich Habelsschwerdt. Auffallend ist, daß hier im ev. Ostfriesland Katholiken untergebracht werden, während im benachbarten Münsterland Evangelisch versorgt werden. Wie geht es zu ?
Der Bürgermeister bekommt Nachricht, daß so und soviel Flüchtlinge untergebracht werden müssen. Manchmal sind die Flüchtlinge eher da als die Nachricht. Dann trift die Wohnungskommission: hier
Bürgermeister: Niklas Blum, Christian Schröder ... zusammen: "Wo ist noch ein Loch frei ?". Dahin werden die Flüchtlinge hingebracht. Einspruch der Inhaber. Ablehnung.
Den Flüchtlingen gefällt es nicht. Sie gehen aus und besehen sich das Dorf. Hier und da sehen sie ein Haus, das ihnen gefällt. Antrag bei Frau Mahlmann, ihnen das Haus zuzuweisen. Frau Mahlmann Volljuedin. KZ Insasse sagt zu oder lehnt ab. Endgültig.
Nun kommen am 03.Juli wieder 15 neue Flüchtlinge hier an. Sie werden verteilt. Diesmal kommts zum Klappen. Die Einheimischen weigern sich geschlossen, noch mehr Fremde aufzunehmen. Eine Nacht kampieren die Fremden an der Landstraße bei der Wirtschaft. Am 04.wird eine Klasse beschlagnahmt und die Leute erst mal unter Dach gebracht. Die Schule benachbarten Einwohner Einwohner werden gezwungen, sie mit Speis und Trank zu versorgen. Am 5. sind sie noch da, obgleich mir vom Bürgermeister gesagt war, daß es sich nur um eine Nacht handle. Am 6. sind sie noch da. Ausgerechnet heute muß der Schulrat kommen, der sich sofort an den Landrat wenden will.(?) Am 07. sind sie immer noch da. Sie sagen, daß noch ein Schub gekommen sei, der in der Holzdorfer Schule Unterkunft gefunden habe. Am 8. endlich wird die Schule wieder geräumt; die Leute sind doch noch untergebracht worden.
Es sind schon wieder neue angekündigt. Wie die alle untergebracht, ernährt und in den Arbeitsprozeß eingeschaltet werden sollen, ist mir ein Rätsel.
Am 23. Oktober wird eine 10-köpfige Familie in den Werkraum einquartiert. Der Bürgermeister gibt an, nur für kurze Zeit, bis die von der Familie bewohnte Baracke für den Winter hergerichtet sei. Die Flüchtlingsfrau aber sagt, da´sie nicht wieder ausziehen werde, auch wenn die Baracke hergerichtet sei und hat bereits sämtliches Brennmaterial im Bunker untergebracht und sich eine Stelle ausgesucht, wo sie ihre Kartoffeln einmieten will. Siehe nächste Seite!
Die Schulreinigung hatte bei meinen Antritt ein Frl. Uphoff übernommen. Zu den Sommerferien kündigte sie, weil es ihr nicht gefiel, das ich öfters eine Aufforderung an sie richtete, die Schule zu reinigen. Sie kam gewöhnlich nur zweimal in der Woche. Dann übernahm Frau Warfsmann den Dienst; nachdem die Vergütung von 20 RM auf 40 RM erhöht worden war. Sie machte ihre Sache sehr gut - für einige Wochen. Dann wurde es weniger gut - schlecht -. Zum 1. Dezember Kündigung. Zuletzt kam nur noch ihre Tochter Fraukeline aus dem 6. Schuljahr. Am 1. Dez. übernahm die im Werkraum untergebrachte Frau Zimmer den Dienst.
Im Jahre 1946 sind in dem Schulgebäude Kleinheide keine Rep. vorgenommen, weil die Instandsetzung des Holzdorfer Gebäudes über 1000 RM verbrauchte. Weil das Dach in Kleinheide dermaßen undicht ist, daß der Regen und bes. Schnee hindurchdringt, soll jetzt das Dach neu verschmiert werden. Kloster damit beauftragt. Er macht zur Bedingung: Beköstigung seiner Gesellen!!! Da sich keiner bereit erklärt, diese Gesellen zu verpflegen, unterbleibt die Reparatur bis... die Welt sich wieder einenkt.
Jahre 1947 keinerlei Reparatur - wegen Materielmangels. 1948 brachte im fand die Räumung der Lehrerdienstwohnung von dem Flüchtlingsehepaar Pautz statt. Es muß Raum geschafft werden für den neu eingezogenen Lehrer und für die bevorstehende Neueinrichtung einer vierten Stelle.
1948 wurde vom Minister die Einrichtung des Elternrats angeordnet. Das Interesse in der Gemeinde war so gering, daß vier Versammlungen abgehalten werden mußten um die Wahlen durchführen zu können. Am Sonntag, den 18. Juni waren zwar auch nur 20 Personen erschienen, aber nun wurde gewählt.
Vorsitzender | 1. Stellvertreter | 2. Stellvertreter | |
IV. Klasse | Wessels | Wäcken | Boldt Frau |
III. Klasse | Firzlaff | Grimm | de Groot Frau |
II. Klasse | Bloem | Zimmer | Bieneck Frau |
I. Klasse | König Frau | Grimm | Wäcken |
Bei Wäcken und Grimm handelt es sich um dieselben Personen.
Elternrat:
Vorsitzender: Bloem
Mitglieder: 1. Wessels, 2. Fritzlaff, 3. Bloem, 4. König Frau, 5. de Groot Frau
Allmählich, so Ende 1949 spiegelt sich das Verhältnis - Einheimischer - Flüchtlinge in der Presse wieder. Hauptsächlich kommen die Flüchtlinge zu Wort mit ihren Klagen, Beschwerden und Verdächtigungen. Nur selten bricht einer die Lanze für die Einheimischen, der denn auch wieder die goldene Mittelstraße Verläßt:
Wenn ich ein Flüchtling wär, - bummelt ich hin und her - tagein, tagaus,
weil ich Ostfriese bin, - muß ich zur Arbeit hin - in Feld und Haus.
Wenn ich ein Schlesier wär, führt ich auch oft Beschwer - beim Wohnungsamt,
weil ich Ostfriese bin - muß ich zum Meyer hin - der mich verdammt.
Wenn ich ein Ostpreuße wär, schafft ich Bezugschein her - zehn Stück pro Kopf,
weil ich Ostfriese bin, knie ich mich abends hin und flick und stopf.
Wenn ich ein Pommer wär, prahlt ich auch ständig sehr - vom großen Hof,
weil du Ostfriese bist, karr ich den eignen Mist - bleib dumm und doof.
Wenn ich Berliner wär, ich heut noch Nazi wär trotz allem Weh,
weil ich Ostfriese bin, bleib ich in meinem Sinn ein S.P.D.
Im August (Juli) 1948 wird erstmalich an einer Instandsetzung der Gebäude gedacht. Leider tappt Kollege de Vries Holzdorf wie ein Elefant in den Porzelanladen hinein. Nicht genug damit, daß er in den Sommerferien von sich aus, ohne den Schulrat oder Gemeindevertretung in Kenntnis zu setzen eine Instandsetzung großen Stils seiner Klasse anlaufen läßt, wird er auf einer diesbezüglichen Sitzung des Schulbeirats dermaßen herausfordernd - er droht mit Beschwerden bei der Schulaufsichtsbehörde und Einberufung einer Gemeindevollversammlung, daß die Sitzung zu seinem Schutze abgebrochen werden mußte. In der nächsten Sitzung wurde beschlossen, Herrn Lehrer de Vries von seinem Posten als Kassenverwalter des Gesamtschulverbandes Berumbur - Blandorf Wichte zu entbinden.
Die Bezahlung der Reparaturarbeiten wurde vorerst zurückgestellt. Die beiden Gebäude in Holzdorf und in Kleinheide bedürfen einen Außenanstrich. In den letzten Jahren war kein Material und keine Handwerker aufzutreiben. Nach dem X Tage d.h. dem 20.Juni 1948, dem Tage der Währungsreform sind erstmals die Preise um 100 bis 200% gestiegen und die Kassen leer. Ein vorläufig gegebener Kostenanschlag schätzt die Zimmereiarbeiten (Dachrinnen und dergl. für Kleinheide auf rd. 650 DM, für Holzdorf auf 275 DM und die Malerarbeiten auf 450 DM bzw. 550 DM. Dazu kommen noch die Kosten der eben erwähnten Reparatur der Holzdorfer Schulklasse mit Malerrechnug von 280 DM und Zimmerarbeit von 280 DM). Summen, die der Schulverband sich tatsächlich nicht leisten kann.
01.04.1949
In den Sommerferien 1949 wurden von den Schulvorstand und Gemeindevertretung die Gelder bewilligt, um endlich den so notwendigen Außenanstrich der beiden Schulen on Holzdorf und Kleinheide durchführen zu können. Die Kosten belaufen sich auf rd. 900 DM. In den Verhandlungen zeigten sich die Körperschaften von ihrer sehr schulfreundlichen Seite, insbesondere der Bürgermeister Peter Harms und der Kassenleiter Reiner Wessels. Wider eigenen Erwarten des Schulleiters wurden ihm von dieser Seite auch noch die Gelder in Höhe von 240 DM bewilligt für den Neuanstrich der beiden Klassenräume, der Flurs und des Lehrmittelzimmers in der Schule Kleinheide. Mit freude ist festzustellen, daß besonders die Schule in Kleinheide im Jahre 1940, ein Jahr nach der Währungsreform, in eine Zeit, da die Geldmittel sowohl des einzelnen wie der Körperschaften sehr knapp ist, das Versäumte der letzten Jahre, in denen man für Geld weder Materialien noch Handwerker bekommen konnte, aufgeholt ist. Die Schule ist außen wie innen wieder ein Schmuckstück. Auf eigene Kosten hat der Stelleninhaber die Wohnräume renovieren lassen, und das vorteilhafte Bild auch nach dieser Seite ergänzen.
Das musterhafte Ansehen des Schulgebäudes täuscht aber den Außenstehenden in seinen Urteil über den Zustand des schulischen Betriebes, der einfach katastrophal zu bezeichnen ist. Das Schuljahr 1949 begann mit einer Schülerzahl von 224 Kindern. Davon waren 29 Flüchtlingskinder (11 Katholiken). Außerdem sind vom Gesamtschulverband Berumbur - Blandorf - Wichte noch 28 Kinder aus Blandorf als Gastschulkinder nach Westerende ausgeschult. Die Schule in Holzdorf hat 69 Kinder.
Die Schulkinder in Kleinheide werden z.Z. in zwei Klassenräume von drei Lehrkräften unterrichtet. Seit Ostern 1949 besteht nun ein fünfklassiges System. Trotz erhöter Stundenzahl seitens der Lehrer über ihre Pflichtstunden können, läßt es sich nicht verhüten, daß das Stundensoll der Kinder nur zu 2/3 erfüllt wird. Außerdem können nur Kurzstunden gegeben werden. Somit ist es trotz größten Arbeitseifer der Lehrkräfte nicht möglich, die schulischen Schäden der letzten zehn Jahre, die die Kinder erlitten haben, in diesen und den folgenden Jahren wieder aufzuholen. Mit Ausnahme von Freitag (wegen Konfirmandenunterricht) und Sonnabend wird jeden Tag bis nachmittags 16.45 Uhr bzw. 15.35 Uhr unterrichtet. Über die Klassenstärke und - Aufteilung - möge folgende Tabelle eine Übersicht geben:
Klasse | Schuljahr | Klassenstärke | Klassenlehrer | Stundenzahl |
I. | 1 | 21 | Reinbacher | 12 |
II. | 2 + 3 | 63 | Schulz | 17 |
III. | 4 | 53 | Schulz | 21 |
IV. | 5 + 6 | 47 | Reinbacher | 23 |
V. | 7 + 8 | 40 | Bloem | 25 |
Vom Schulvorstand, Elternrat und Gemeinderat ist die Unhaltbarkeit dieses Zustandes durchaus erkannt worden, und sie sind auch bereit, nach ihren Kräften Abhilfe zu schaffen. In einer Schulvorstandssitzung im Frühjahr dieses Jahres wurde beschlossen, den Neubau zweier Klassenräume bedingungslos zustimmen. Die Durchführung scheitert nur an der Frage der Geldbeschaffung, da bislang der öffentliche Hand (Kreis und Regierung) noch keine Mittel zur Verfügung stehen, um Zuschüsse für Schulneubauten zu gewähren, und ohne Zuschüsse kann sich die zu arme Gemeinde Berumbur zwei neue Klassenbauten nicht finanzieren.
Außerdem hat sich die Gemeinde bereit erklärt zwei neue Schreibkräfte einzustellen.
In diesem Jahre entfallen in Kleinheide auf einen Lehrer 75 Kinder, in Holzdorf 69 Kinder. Die z.Z. von der Schulbehörde angestrebte Klassenfrequenz betraegt 50 Kinder. Es ist beabsichtigt, eine neue Lehrkraft in Holzdorf einzustellen, und dort auch noch eine Klasse zu bauen. Dann würden wir, wenn das Bauprogramm durchgeführt wird, 30 -35 Kinder an Holzdorf abgeben, so daß dann in Holzdorf 95 - 100 Kinder von zwei Lehrkräften in zwei Klassenräumen, hier 190 - 200 Kinder von vier Lehrkräften in drei bzw. vier Räumen unterteilt würden.
Um nächst für den kommenden Winter zu einer Notlösung zu kommen, sind in diesem Sommer Bestrebungen im Gange, die Familie Zimmer, die im Werkraum unterbebracht ist, unterzubringen.
Es ist dann möglich, in diesem Raume 25 - 30 Kinder zu unterrichten, wodurch die beiden Kassenräume schon etwas entlastet würden. Um diese Bemühen zu durchzubringen, veranstaltet die Elternschaft der Schule eine monatliche Sammlung, damit beim freiwerden des Werkraumes sofort die erforderlichen Schuhlöffel angeschaft werden können.
Diese freiwilligen Spenden der Elternschaft sind ein schöner Beweis der positiven Einstellung der Einwohner zur Schule.
Soweit der Stand der Dinge heute.
Im Schuljahr 1949/50 wurde vom Schulleiter der vor einem Jahr gegründeten Elternrat besonders aktiviert. Um die Elternschaft mehr und mehr fuer schulische Belange zu interessieren und zu aktivieren, regte der Schulleiter und Vorsitzende der Elternschaft an, daß der Elternrat und die Elternschaft monatlich Gelder zu sammeln, um für die Schule nuetzliche Lehrmittel anzuschaffen.
Demnächst sollen die gesammelten Gelder dann verwendet werden, um neue Schulbänke anzuschaffen, die nach freiwerden des Werkraumes von den Flüchtlingen, benötigt werden.
Die ersten Sammlungen fallen überraschend gut aus, so daß der Elternrat schon im Sommer 1949 in der Lage war, dem Schulleiter 200 DM fuer den Jahresausflug der Schule nach Logabirum zur Verfügung zu stellen. Dadurch war es möglich, die Kinder für 1,20 DM nach Logabirum fahren zu lassen (inkl. Eintrittsgelder) und noch 20 minderbemittelten Kinder freie Fahrt zu gewähren. Außerdem schenkte die Elternschaft der Schule einen Lichtbildwerfer für 150 DM.
Da laut Verfg es nicht anzügig ist, daß ein Lehrer oder Schulrat Mitglied des Vorstandes im Elternrat ist, mußte ich meinen Posten als Vorsitzender des Elternrates niederlegen und an Herrn Schrepin übertragen. Die Folge war, daß es im Schuljahr 1950 diese Einrichtung vollständig einschlief und keine Elternschatfsversammlung mehr zu stande bekommen ist. Es ist schade, daß diese fruchtbare Einrichtung des Kulturministers so wenig Eigenkraft hat, lebendig zu bleiben, somal sie in dem einem Jahre hier soviel gutes für die Schule erreicht hat.
Der erhoffte Neubau einer dritten Klasse kommt in diesem Jahre leider nicht zustande. Trotzdem die Gemeindevertretung ihre Einwilligung gegeben hat, in Holzdorf sowohl wie in Kleinheide je eine Klasse umbauen und der Bauplan und der Finanzierungsplan bereits aufgestellt und bewilligt waren, kann das Bauvorhaben nicht durchgeführt werden. Die Regierung teilte im Juli mit, daß der Bau au unabsehbare Zeit zurückgestellt werden müsse. Im August wurde an der Westseite der Schule ein neuer Torfschuppen von dem Zimmermeister H. Schroeder errichtet. Preis 350 DM.